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Filder-Zeitung

"Wir müssen in Generationen denken"

Berthold Huber, Vorstand Infrastruktur der Deutschen Bahn, über die positiven Auswirkungen der neuen Strecke und das 49-Euro-Ticket.

Foto: dpa/Jutrczenka
Foto: dpa/Jutrczenka

Die Neubaustrecke muss mehr als 100 Jahre halten." Das sagt Berthold Huber, Vorstand Infrastruktur der Deutschen Bahn-und macht damit deutlich, welche Dimensionen das Bauprojekt hat, das nun seinen Betrieb aufnimmt. Von der Idee bis zur Inbetriebnahme der Strecke Wendlingen-Ulm habe es über 30 Jahre gedauert zu lange, wie er zugibt, aber es sei eben ein Langfristprojekt. ,,Wir müssen in Generationen denken", sagt er. Wer Infrastruktur für die Eisenbahn betreibt, müsse in solchen Zyklen planen.

Wie geht es vor dem Hintergrund dem Infrastruktur-Bahnvorstand in den letzten Tagen vor der Inbetriebnahme? Die Anspannung, verrät Huber, bleibe bis zum Schluss erhalten. ,,Alle am Bau Beteiligten fiebern darauf hin", sagt er. Und man tue gut daran, auch bis zur letzten Sekunde maximal aufmerksam zu bleiben. „Besser wird das erst dann, wenn der erste Zug gefahren ist."

Für das Mammutprojekt Neubaustrecke mussten zahlreiche technische und bauliche Hürden genommen werden. Huber weist auf Aspekte hin, die nach seiner Meinung häufig unterschätzt wurden. Etwa der Artenschutz: „Hier gelten sehr strenge Vorschriften, was ich voll umfänglich unterstütze." Aber es habe eineinhalb Jahre Verzögerung und einen siebenstelligen Betrag gekostet, um Zauneidechsen entlang der Trasse umzusiedeln.

Was er damit illustrieren will: ,,Oft sind es die vermeintlich kleinen Dinge, die sich als große Herausforderung entpuppen." Auch die umfangreiche Dokumentation aller Bauwerke und die rechtzeitige Schulung von 250 Lokführern sei fordernd gewesen.

"Die Strecke muss mehr als 100 Jahre halten."
Berthold Huber Vorstand Infrastruktur Deutsche Bahn

Die neue Filstalbrücke ist eines der schwierigsten Projekte der neuen Strecke gewesen. Wie bewertet das der Fachmann?,,Ohne Zweifel ist das eines der spektakulärsten Bauwerke, die ich in meiner Eisenbahner-Laufbahn gesehen habe." Das gelte im Übrigen genauso auch für die Bauphase, als sich die Brücke alle paar Wochen in 50Meter-Schritten auf die andere Seite des Tals zu bewegte. Und er erwartet eine hohe Akzeptanz der Neubaustrecke. ,,Im Vorfeld groser Bauprojekte erleben wir häufig Proteste." Ist ein Bauwerk wie die Filstalbrücke fertiggestellt, seien die Proteste dann immer verklungen, so seine Erfahrung. ,,Ich bin sehr sicher, im Filstal werden viele bald sagen, dass dort eine der schönsten Eisenbahnbrücken der Welt steht. Ich sehe das genauso."

Bund und Länder wollen das 49-Euro-Ticket im Frühjahr an den Start bringen. Huber hat dazu eine eindeutige Haltung. ,,Ich halte die Einführung und den Zeitpunkt für richtig, da es die Nutzung des ÖPNV radikal vereinfachen und das Nutzungsverhalten verändern kann. Ich halte nichts davon, dass man das zerredet." Gleichwohl stellt er Forderungen, um erfolgreich zu sein. „Um das Potenzial auszuschöpfen, müssen wir in mehr Kapazität investieren.“ Wie soll das gehen? ,,Wir können die Zahl der Sitzplätze in den Zügen erhöhen, was jedoch an gewisse Grenzen stößt. Und zweitens ist es notwendig, in dichteren Takten zu fahren. Aber auch hier ist der Platz limitiert." Der Bahnvorstand begrüßt, dass dadurch zusätzliche Nachfrage generiert wird, „wir müssen aber so schnell wie möglich mit der Infrastruktur mitwachsen." Für sehr wichtig hält es Huber, neben dem Ausbau und dem Neubau, die Kapazität und die Leistungsfähigkeit der Bestandsnetze zu erhöhen. ,,Aus diesem Grund investieren wir in den nächsten Jahren so hohe Beträge in die Sanierung." Ingo Dalcolmo und Reimund Abel